
Wikipedia
Recht
Bearbeiten
Aus dem GG leitet sich keine direkte Schulpflicht ab. Diese wird aus einem "Recht auf Bildung" abgeleitet, welches ebenso nicht im GG direkt zu finden ist. Aus diesem Recht wird ein Zwang formuliert, der im Konflikt zum Recht der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder steht: Art. 6 (2) GG "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft."
Aufgrund der Kulturhoheit der Länder wird die Schulpflicht von den Landesverfassungen geregelt. In Art. 7 Abs. 1 des Grundgesetzes steht: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“ - "woraus sich nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch das Recht der Länder ergibt, durch Landesgesetze die Schulpflicht zu bestimmen." (Wikipedia)
- Schulpflicht und Stichtagregelung - Stiftung Warentest
Menschenrecht
Bearbeiten
In einzelnen Bundesländern wird illegalen Einwanderer-Kindern die Schule verweigert bzw. über eine Meldepflicht Illegaler der Zugang verwehrt. Ein Rechtsgutachten der Max-Traeger-Stiftung bestätigt das Recht auf Schulzugang als Menschenrecht und somit auch "Illegalen" zu gewehren.
- Deutschlands vergessene Kinder. Süddeutsche Zeitung vom 21. Oktober 2008. http://www.sueddeutsche.de/panorama/890/314786/text/
- Hessen bleibt hart. „Illegale“ Kinder dürfen nicht zur Schule, 21. April 2006
- Max-Traeger-Stiftung: Aufenthaltsrechtliche Illegalität und soziale Mindeststandards - Das Recht des statuslosen Kindes auf Bildung -. 2005 http://www.gew.de/Binaries/Binary29225/RG_im_Auftrag_der_Max-Traeger-Stiftung,_Das_Recht_des_stat%E2%80%A6.pdf
Legitimation
Bearbeiten
Um legitimieren zu können, aus einem "Recht auf Bildung" eine erzwingende Schulpflicht zu machen, müsste mindestens die staatliche Bringschuld erfüllt sein:
- Schulen als sichere Orte
- Die Anzahl der Schüler pro Klasse darf ein Niveau nicht überschreiten, das Unterricht, Förderung und die sozialen Beziehungen unter den Schülern nicht erschwert.
- Bildung und Schulsysteme sind ausreichend zu finanzieren. Eine nachweisliche Unterfinanzierung oder Überlastung z.B. durch Anstieg der Klassenstärken entzieht dem Staat die gesellschaftliche Legitimation die Schulpflicht zu erzwingen.
Schulpflicht legitimiert sich aus:
- Gewährleistung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
- Voraussetzung für die Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Wohlfahrt der Gesellschaft
- Vermittlung von Lehrplaninhalten
- Schulung der Sozialkompetenz der Kinder (Klassengemeinschaft & Schulveranstaltungen)
- während der Unterrichtszeit auf das Kindeswohl zu achten (Würde man Ausnahmen von der Schulpflicht zulassen, müsste diese Aufgabe von den Jugendämtern übernommen werden.)
- alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen und umfassend in die Gesellschaft eingliedern
Der damalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber begründete die Schulpflicht im September 2008 mit den Worten: „Die allgemeine Schulpflicht gilt als eine unverzichtbare Bedingung für die Gewährleistung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zugleich als unerlässliche Voraussetzung für die Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Wohlfahrt der Gesellschaft. Sinn und Zweck der Schulpflicht ist nicht nur die Vermittlung von Lehrplaninhalten, sondern insbesondere auch die Schulung der Sozialkompetenz der Kinder. Die Sozialkompetenz wird durch das Lernen in der Klassengemeinschaft und durch gemeinsame Schulveranstaltungen in besonderem Maße gefördert. Neben der Förderung der Sozialkompetenz hat die Schule auch die Funktion, während der Unterrichtszeit auf das Kindeswohl zu achten. Würde man Ausnahmen von der Schulpflicht zulassen, müsste diese Aufgabe von den Jugendämtern übernommen werden. Die Bayerische Verfassung will mit der allgemeinen Schulpflicht alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen und umfassend in die Gesellschaft eingliedern. Dies ist eine der großen emanzipatorischen und demokratischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts."
Pflichten des Staates
Bearbeiten
Aus der Schulpflicht ergeben sich auch Pflichten des Staates:
- "Dadurch, dass der Staat die Schulpflicht anordnet, ergibt sich für diesen die Beschulungspflicht. Diese verpflichtet den Staat, dafür zu sorgen, dass auch alle schulpflichtigen Menschen in Deutschland eine öffentliche Schule besuchen können." (Wikipedia)
Ausnahmen
Bearbeiten
- Es ist in der Rechtsprechung einiger Bundesländer unklar, ob sich die Schulpflicht auch auf Asylbewerberkinder erstreckt.
- Der Rat der Stadt München hat 2004 beschlossen: „Das Schulreferat wird gebeten, allen Schulleitungen mitzuteilen, dass Kinder mit illegalem Aufenthaltsstatus grundsätzlich schulpflichtig sind.“ Daraus wird ausdrücklich geschlussfolgert, dass Schulleiter dem Aufenthaltsstatus von Kindern bzw. Jugendlichen und von deren Eltern nicht nachgehen müssten. Nur so könne der allgemeinen Schulpflicht, die sich auf alle in Deutschland Lebenden beziehe, Geltung verschafft werden. (sueddeutsche)
- In Hessen hingegen sind nach Mitteilung des Kultusministeriums Schulen zur Erfassung des Aufenthaltsstatus und zur Meldung statusloser Kinder an die Ausländerbehörde verpflichtet, andernfalls drohen dienstrechtliche Konsequenzen. Nach Auffassung des Hessischen Kultusministeriums gilt die Schulpflicht nicht für Illegale. (Main-Rheiner)
- Schätzungen zufolge leben mit hoher Wahrscheinlichkeit einige Zehntausend Kinder und Jugendliche illegal in Deutschland, von denen die wenigsten eine Schule besuchen. (sueddeutsche)
- Ein Rechtsgutachten der Max-Traeger-Stiftung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kam 2005 zu dem Schluss, dass Schulleiter ungeachtet § 87 des Aufenthaltsgesetzes nicht zur Meldung verpflichtet sind und dass statuslose Kinder wegen des im Grundgesetz festgelegten Gleichbehandlungsgrundsatzes einen Anspruch auf Schulzugang haben. Max-Traeger-Stiftung: Aufenthaltsrechtliche Illegalität und soziale Mindeststandards - Das Recht des statuslosen Kindes auf Bildung -. 2005 http://www.gew.de/Binaries/Binary29225/RG_im_Auftrag_der_Max-Traeger-Stiftung,_Das_Recht_des_stat%E2%80%A6.pdf
Einschulung
Bearbeiten
- Berliner Eltern wollen die Schulpflicht aufschieben (Morgenpost.de)
Homeschooling
Bearbeiten
In Deutschland wird aktuell auch Fernunterricht verhindert.
Kritik
Bearbeiten
- "Von konservativ religiöser Seite wird der soziale Umgang und einzelne Unterrichtsinhalte (wie z. B. der Schwimmunterricht, die Sexualkunde oder die Evolutionstheorie) abgelehnt.
- Von Libertären und Anarchisten wird die Schulpflicht als unzulässiger Eingriff in die Rechte und Freiheiten von Eltern und Kindern abgelehnt und als Instrument der Herrschenden zur Indoktrination von Menschen kritisiert.
- Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung Vernor Muñoz äußerte sich in seinem in Berlin veröffentlichten Bericht vom 21. Februar 2006 besorgt darüber, dass die restriktive deutsche Schulpflicht die Inanspruchnahme des Rechtes auf Bildung mittels alternativer Lernformen wie Hausunterricht kriminalisiert.
- Hochschulpräsident Dieter Lenzen kritisiert, Deutschland halte als nahezu einziges Land der westlichen Welt an einer rigiden Schulanwesenheitspflicht fest, anstatt die Schulpflicht zu einer Bildungspflicht mit umfassender Orts- und Methodenfreiheit weiterzuentwickeln. Heimunterricht muss erlaubt sein, in: Der Tagesspiegel vom 25. Mai 2009
- Die in Deutschland übliche Praxis, Eltern die Erlaubnis zum Heimunterricht als Ersatz für den Schulunterricht zu verweigern, wurde in den USA von einem Einwanderungsgericht Anfang 2010 als politische Verfolgung bewertet. Schulverweigerer aus Deutschland, die ihre Kinder selbst unterrichten wollen, erhielten in den USA aufgrund des Urteils politisches Asyl.[31]" Lukas Dubro: Deutsche erhalten US-Asyl. taz. 27. Januar 2010
Links
Bearbeiten
- http://www.goodbye-schulpflicht.de/
- http://www.helles-koepfchen.de/?suche=schulpflicht
- Jede Stunde eine Mark - Plädoyer gegen die Schulpflicht (wendland.net)
- 28. Oktober 1717: Einführung der Allgemeinen Schulpflicht durch den Soldatenkönig stösst auf Widerstand
- Mit einem König fing alles an (kindernetz.de)